Mineralquellen in Löbau

Unterhalb der Nikolaikirche in Löbau, vom einstigen Görlitzischen Tore nach Tiefendorf hinab, plätscherte in früheren Zeiten in einem tiefen Hohlweg ein munteres Bächlein zu Tal. Sein Wasser war zwar klar und durchsichtig, hatte aber einen tintenartigen Geschmack und färbte Gräser und Steine, zwischen denen es dahinfloß, ockergelb. So kam es, dass es allezeit die Aufmerksamkeit derer, die nach dem nahen Berge wanderten, erregte. Man trank das Wasser und holte es wohl auch zu Bädern in die Stadt hinauf, weil die würdigen Löbauer Stadt - Physici von allerlei Dingen berichten konnten, die das Wasser bewirkt haben sollte. 

Auch der ehrenwerte Bürgermeister Christian Segnitz hatte dem mineralischen Wasser des sogenannten Eisenbrunnens die Wiederherstellung seiner Gesundheit zu danken. In dankbarer Gesinnung ließ er darum anno 1714 die Quellen, aus denen sich das Wasser zum Bächlein sammelte, reinigen und erstmalig fassen. Da standen nun die Mineralquellen vor dem Görlitzischen Tore bei den guten Löbauern in noch größerem Ansehen. Der würdige Dr. Johann Gottlob Segnitz, Stadt - Physikus zu Löbau, schrieb sogar 1730 ein Traktätlein über den Nutzen dieses Wassers, dem er folgende Aufschrift gab: 

“Gegründete Untersuchung des in der ältesten Churfüstl. sächs. Sechsstadt Löbau befindlichen mineralischen Wassers oder sogenannten Eisenbrunnens, worin von dessen Beschaffenheit, heilsamen Ingredienzien, Nutzen und Gebrauch kürzlich gehandelt und vielen notleidenden Kranken erwünschte Hülfe gezeigt wird, wohlmeinend angestelltet von Johann Gottlob Segnitz, der Medizin Doktor zu Löbau.” 

Auch die Nachfolger dieses würdigen Mannes haben den Quellen immer wieder ihre Beachtung geschenkt und ihnen, wie Herr Dr. Ernst Benjamin Herzog 1846 berichtet, auch manchen schönen Heilerfolg zu verdanken gehabt. Deshalb hat man sich zu den verschiedensten Zeiten mit den Gedanken getragen, die Quellen durch Errichtung eines Bades noch mehr, als es bisher geschehen konnte, in den Dienst der Genesung Suchenden zu stellen. Dem genannten Dr.Herzog gelang es dann auch, freilich, wie er sich in seinem 1846 erschienenen Schriftchen Das Löbauer Bad und die heilsame Wirkungen desselben ausgedrückt, mit unsäglichen Schwierigkeiten und großem Zeitaufwande, eine kleine Badeanstalt im Tale der Löbau zu errichten. So entstand das alte Löbauer Mineralbad, das heute noch vorhanden ist, aber nunmehr nur noch Wohnungszwecken dient. Dasselbe enthielt 6 helle und geräumige Badestuben und alles sonst am nötigsten gebrauchten Einrichtungen. Die Zuführung des Wassers von der Quellenfassung abwärts geschah in Röhren. 

In dem schon genannten Schriftchen des Herrn Dr.Herzog spricht sich derselbe über den Nutzen des Löbauer Mineralwassers dahin aus, dass man das Wasser mit Vorteil sowohl innerlich als äußerlich anwendet: 

“ ... in langwierigen Krankheiten, deren Ursache besonders Schwäche des Unterleibes ist, als Verschleimung, Verhärtung, Verstopfung der Leber, Milz und bei anhaltenden Kopfschmerz, Schwindel, wenn Schwäche des Magens und der übrigen Verdauungswerkzeuge als Ursache erscheinen, bei Regelwidrigkeit der weiblichen Organe, bei Schwäche des Magens und Neigung zur Schleimerzeugung in demselben, in Krankheiten des Darmkanals, als heftiges Aufblähen, und Ausdehnung desselben, bei Anlage zu Würmern, veranlasst durch Schwäche des Darmkanals, in Ausschlagkrankheiten und in Schwäche des Hautorgans, bei Hämorrhoidialbeschwerden und bei großer Muskelschwäche.”

Hinsichtlich des inneren Gebrauches des Wassers meint Dr. Herzog, dass während der Kur zu vermeiden sind: neugebackenes Brot, heftige und fette Kuchen und anderes Backwerk, Käse, Sauerkraut, Schweinefleisch, alles alte und zähe Fleisch; ferner Fische, als Hechte, Teichkarpfen, Aal, Schleien und einige Gartenfrüchte, als Melonen, Gurken, Salat und Obst. 

Von der äußeren Anwendung schreibt er: “Die Morgenstunden sind die zweckmäßgsten zum Baden. Nach dem Bade kann man Tee, Kaffee und das gewöhnliche Frühstück nehmen. Die Zeit, wie lange man im Bade sitzen müsse, kann jeder am besten aus seinen Empfindungen ermessen. Von großem Nutzen ist es, das ein Jeder im Bade mit seinem Schwamme oder Tuche die Haut fleißig reibt. Es werden dadurch die Nerven gereizt, die Haut gereinigt, die einsaugenden und ausdünstenden Gefäße geöffnet, die Zirkulation der Säfte, sowie die Absonderung und Ausdünstung befördert.” 

Auch andere Ãrzte haben sich in der Folgezeit über die Löbauer Mineralquellen in ähnlichem Sinne ausgesprochen.

Solches ärztliches Interesse hatte auch zur Folge gehabt, dass im Jahre 1851 über die Mineralquellen ein kellerartiger Überbau, das sogenannte Brunnengewölbe geschaffen worden war und das jetzt noch vorhanden ist, ein Granitsteingewölbe 8m lang, 2,5m hoch und 2,25m breit, in dem in 6 besonderen Bassins die Salz- und Eisenwässer zusammenfließen. Dasselbe befindet sich tief unter dem aufgeschüttetem Brunnenwege in der südwestlichen Ecke des Badegartens und ist von diesem durch einen eingemauerten Schrot mit Hilfe einer Leiter zu erreichen. Die Quellenfassung hatte übrigens ergeben, dass die Löbauer Mineralquellen, trotz ihrer Lage dicht nebeneinander, doch zweifacher Natur sind: die eine südlich gelegene Quelle ist eine Salzquelle, die anderen sind Stahlquellen.

 

 

Anmerkung: Der Text wurde dem Buch “Die Stadt Löbau i. Sa.” aus dem Jahre 1904 entnommen. Verfasst von dem damaligen Oberlehrer K. A. Kretschmar.