Löbaus früheres Aussehen

Vor Jahrhunderten hatte Löbau ein wesentlich anderes Aussehen als heute. Nach außen bot es auch damals, am Fuße seines Berges im freundlichen Tale gebettet, einen anmutenden Anblick. Zwei Türme ragten aus der Stadt empor, der Nikolai- und der Rathausturm.

Die Stadt war von einer Doppelmauer umgeben, deren Reste wir noch an manchen Stellen erblicken. Der Raum zwischen der inneren und der äußeren Stadtmauer hieß Parchen. Die Stelle dieser einstigen Löbauer Wehre nehmen heute die Promenaden ein, die unsere innere Stadt umschließen. Drei Tore führten in die Stadt: das Görlitzer-, Bautzner- und Zittauer Tor. Über jeden erhob sich ein Tor- oder Wachturm, wie er sich als dürftiger Restteil noch heute am Eingange der Inneren Zittauer Straße zeigt. In ihnen wohnten die Torhüter, die tagsüber die Zugbrücke auf- und niederließen. Außerdem gab es an der Stadtmauer noch 4 besondere, turmartige Befestigungen oder Basteien: die Große Bastei, den Baderturm, die Neue Wehr und die Kleine Wehr. Die zuletzt noch vorhandene dieser einstigen Befestigungen der sogenannte Baderturm, ist im Jahre 1889 abgetragen worden. Außerhalb der Tore waren die Scheunen der Bürger, da letztere damals zumeist auch Ackerbau und Viehzucht mitbetrieben. Auf dem Schafberge und an den Westhängen des Berges weidete tagsüber das Stadtvieh. 

Die Häuser waren ein- und zweistöckig, aus Lehmfachwerk erbaut, standen mit der Gibelseite nach der Straße zugekehrt und waren in der großen Mehrheit mit Schindeln gedeckt. Scheunen und Nebengebäude hatten zumeist Strohbedachung. Doch gab es auch massive Häuser besonders wohlhabender Bürger und Kaufherren, die äußerlich allerlei Verzierungen zeigten und im Innern breite Hausflure und weite Niederlagsräume besaßen, wie wir z.B. einige solcher Gebäude jetzt noch in der Rittergasse antreffen. In dem Hausflur spielte sich der wesentliche Teil des geschäftlichen Lebens ab.

Die Straßen waren eng und schmutzig und oft genug voller Unrat; sie waren nicht gepflastert. Auf dem einzigen größeren Platz der Stadt; dem Marktplatze, jetzigen Altmarkte, stand eine große, hölzerne Röhrhütte, von einem hözernen Brunnenhäuschen überdacht, woraus die Löbauer ihr Trinkwasser schöpften.

Als wichtigstes Gebäude präsentierten sich damals die Nikolaikirche, das Rathaus u. das Kloster. Die in jener zeit von der Stadt abführenden Straßen zogen in tiefen Hohlwegen hin. Die belebteste Straße war die Rumburgerstraße, weil sie den Verkehr mit dem Oberlande und mit Böhmen, zu welchem Reiche damals Löbau mit gehörte, vermittelte. Die Landeshauptstadt auch der Löbauer war daher Prag, wohin sie freilich wohl meist über Zittau, Leipa und Melnik gereist sein mögen.

 

 

Anmerkung: Der Text wurde dem Buch “Die Stadt Löbau i. Sa.” aus dem Jahre 1904 entnommen. Verfasst von dem damaligen Oberlehrer K. A. Kretschmar.